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Kaffee und Corona

In der Online Ausgabe des Hamburger SPIEGEL wurde am 18. Mai 2020 berichtet, dass Südamerika zum neuen Zentrum der Corona-Krise wird. Damit trifft es den Kontinent, der die Welt in großem Maße mit Rohkaffee beliefert, Doch nicht erst seit heute hat die Corona Pandemie zahlreiche Auswirkungen auf die global agierende Kaffeeindustrie.

Die Kaffeebranche in der Corona-Krise

Die Produktionsländer

Die folgenden Aussagen beziehen sich in erster Linie auf Südamerika, lassen sich aber sicherlich auch auf die Situation in Afrika und Asien übertragen. Die kaffeeproduzierenden Länder sind in der Regel Länder der Dritten Welt oder gelten, wie Indien und Brasilien, als Schwellenländer.

Ca. 70% der Bevölkerung in Lateinamerika lebt von dem, was sie am Tag verdient. Diese Menschen in Quarantäne zu schicken oder eine Ausgangssperre zu verhängen ist existenzbedrohnend. Es gibt keine Gewerkschaften, soziale Absicherungen, kein funktionierender Gesundheits-Sektor, keine Notfall-Schirme der Regierung. Alles Dinge, die für uns in Europa selbstverständlich sind. Und naturlich sind auch die Kaffee-Kleinbauern von diesen Lebensbedingungen massiv betroffen. Dazu kommt, dass in den oft abgelegenen Kaffeedörfern die gesamte Transport-Logistik stark eingeschränkt ist.

Ein Phänomen, welches wir allerdings auch in Europa kennen, sind die fehlenden Erntehelfer. Diese Menschen waren knapp – Transporte hin oder zurück zu den Kaffeeplantagen fanden nicht statt. Häufig genug hatten die Leute schlichte Angst vor Ansteckung.

Auch wenn geerntet werden konnte, war und ist der Abtransport der Ernte teilweise massiv gestört, da Zufahrtsstraßen gesperrt sind oder Lastwagen schlicht nicht fahren. So sind die Bauern gezwungen, an den „lokalen“ Händler zu lächerlichen Preisen zu verkaufen, da sie Liquidität brauchen. Von den erzielten Preisen kann jedoch kein Kaffee-Bauer leben. Und so kennen die Rohkaffeepreise seit Anfang April 2020 nur noch eine Richtung: Nach unten.

Brasilien

Unter der Top 20 der Kaffeeproduktionsländer befinden sich insgesamt 10 Länder Mittel- und Südamerikas. Brasilien steht dabei weltweit als größtes Kaffeenanbauland auf der Spitzenposition. Eben dieses Brasilien steht mittlerweile aber auch an einer anderen Front an der Spitze: Die Zahl der Neuinfektionen und Toten steigt gerade in Brasilien unaufhörlich. Heute, Mitte Mai 2020, steht Brasilien auf Platz vier der weltweiten Neuinfektionen, Tendenz weiter steigend. Länder wie Spanien, Italien und Frankreich hat Brasilien in dieser traurigen Statitistik bereits deutlich hinter sich gelassen.

Je nachdem, ob die Corona-Pandemie in die jeweilige Kaffee-Erntezeit fiel oder nicht, waren manche Länder stärker betroffen als andere. Im Februar / März eines jeden Jahres finden in den meisten Gebieten Zentralamerikas die Ernten statt. Die Ernte in Brasilien erfolgt jedoch erst zwischen Mai und September / Oktober, so dass davon auszugehen wäre, dass bei normalen Verlauf der Pandemie die Bauern in Brasilien nicht so sehr betroffen wären. Allerdings zeigt die aktuelle Situation, dass das Virus Brasilien extrem hart trifft. Die Regierung Bolsonaro zeigt kein gutes Krisenmanagement, was befürchten lässt, dass der Höhepunkt der Pandemie erst mitten in der Erntezeit erreicht wird.

Wenn die strukturellen Probleme der Corona-Krise in Brasilien überwunden werden können, wird die Kaffeeernte im Herbst 2020 jedoch groß ausfallen und die Lieferprobleme in anderen Ländern zu guten Teilen ausgleichen. Analysten erwarten, dass die brasilianischen Kaffeepreise in nächster Zeit stark schwanken werden - bis sich herausstellt, ob trotz der Virus-Krise die Bohnen in Brasilien tatsächlich gepflückt, verarbeitet und exportiert werden können.

Honduras

Honduras hatte großes Glück bezüglich der Ernte – als der Corona-Virus in Honduras ankam, war die Ernte so gut wie abgeschlossen. Ein Großteil des Kaffees lag bereits in den Lagerhäusern. Damit nahmen die Probleme jedoch erst ihren Anfang

Puerto Cortés ist der größte Seehafen in Honduras und der wichtigste Seehafen Zentralamerikas. Aufgrund der Corona-Pandemie war der Hafen lange geschlossen. Für Honduras, den größten Kaffeeproduzenten Zentralamerikas, war es somit nicht möglich, den geernteten Kaffee zu verschiffen.

Kaffeehändler berichteten, dass man für einen „kommerziellen“ Kaffee zeitweise so viel zahlen musste, wie für einen sog. Microlot-Kaffee, von dem nur wenig geerntet wird. Dadurch, dass die Ernte in Honduras schon vor der Krise gering war, wurde die Situation durch Corona noch verschärft. Das und die Verknappung der Arbeitskräfte hat automatisch die Preise in die Höhe getrieben, ohne dass die Bauern davon profitieren konnten.

Jetzt im Mai 2020 geht es um die nächste Ernte. Die ausgelaugten Böden müssten gedüngt werden. Wenn Bauern noch Geld für Dünger haben, stehen Sie vor einem logistischen Problem: Wie kommt der Dünger zum Bauern?

Denn nicht nur in Honduras ist das Hauptproblem der Transport. Es war zeitweise unmöglich, den Kaffee aus den Dörfern zu den Kooperativen zu bringen oder sich Dünger liefern zu lassen. Straßen wurden durch Sandsäcke blockiert – nicht nur von der Regierung, sondern auch von Anwohnern, die Angst davor hatten, dass der Virus mit den Lkws aus den Großstädten zu ihnen aufs Land kommt.

Alle Glieder der Lieferkette verlangsamten sich nicht nur, sondern verteuerten sich auch.

Der Handel mit Rohkaffee

In den Produktionsländern ist Kaffee reichlich vorhanden und erreicht die Konsumentenländer. Mal mit größeren, mal mit kleinen Verzögerungen. Und solange die Häfen in Brasilien (Santos) und Vietnam (Ho-Chi-Minh-City) offen bleiben, wird dies bis auf weiteres auch so bleiben, da über diese beiden Häfen weltweit die höchsten Rohkaffee-Tonnagen verschifft werden. Dazu kommt, dass die Lager der europäischen Rohkaffeehändler ebenfalls gut gefüllt sind. Allerdings wird berichtet, dass der eine oder andere Rohkaffee-Einkäufer etwas großzügiger bei der Beurteilung der eingekauften Qualität ist. Manch Kaffee wird heute "durchgereicht", der ansonsten in der Qualitätskontrolle hängengeblieben wäre.

Einen Sonderfall in der Kaffeebevorratung der DACH-Region stellt die Schweiz dar. In der Schweiz gilt Kaffee als systemrelevantes Grundnahrungsmittel. Der Schweizer Staat verpflichtet die großen Schweizer Kaffeeröster ein sogenanntes Pflichtlager anzulegen, um die Schweiz im Katastrophenfalls über einige Monate hinweg mit Kaffee versorgen zu können. Bei der Sankt Galler Kaffeerösterei Turm Kaffee liegen so z.B. ständig 150 Tonnen Rohkaffee als Pflichtlager des Bundes. Die Pflichtlager nehmen zumindest in der Schweiz etwas Druck von der Nachschub-Logistik mit Rohkaffee.

Die Kaffeeröstereien

Auch wenn grundsätzlich Rohkaffee für die nächste Zeit vorhanden ist, kann keine Kaffeerösterei keine seriöse Aussage zur Kaffeeversorgung in der Zukunft machen. Viele Betriebe haben deshalb bereits im Februar und März ihre Lager aufgestock und bestellt, was noch verfügbar war. Im Vorteil waren häufig Röstereien, die den Kaffee direkt bei Kooperativen bestellen konnten. Neben den bereits erwähnten Schwierigkeiten bei der Beschaffung bestimmter Kaffeequalitäten plagt die Kaffeeröstereien vor allem der wegfallende Absatzmarkt. Röster, die vor allem die Gastronomie beliefern, sehen sich jetzt mit der Situation konfrontiert, dass ihr Produkt von Kaffeebars, Hotels und Restaurants nicht nachgefragt wird. Wenn man weiß, dass z.B. die Turiner Kaffeerösterei Costadoro über 1.200 gastronomische Kunden allein im Piemont bedient, erkennt man schnell, über welches Maß hier gesprochen wird.

Besser ergeht es Kaffeeröstern, deren Kundschaft breiter aufgestellt ist. Vor allem diejeniegen, die den stationären Lebensmitteleinzelhandel bedienen, konnten von den Hamsterkäufen zu Beginn der Corona-Krise profitieren. Die bekannten Großröstereien reagierten auf die Hamsterkäufe der Kunden mit einem erhöhten Rohkaffee-Einkauf, was den Preis an den Kaffeebörsen in London und New York bis Mitte April anstiegen ließ.

Noch besser lief es für die Röstereien, die entweder eigenen Onlinehandel betreiben oder Online-Kaffeehändler beliefern. Diese konnten Umsatzzuwächse im Onlinegeschäft von bis zu mehreren 100% verzeichen. Diese Nachfrage im Internet kompensierte bei einigen Kaffeeröstern das wegbrechende Gastro-Geschäft zu guten Teilen.

Der Einzelhandel

Kaffeeröster wie Kaffee-Einzelhändler nehmen während der Coronoa-Krise wahr, dass der Spezialitäten-Kaffee vom Konsumenten weniger nachgefragt wird. Die Kaffeetrinker weichen auf Alltags-Kaffees aus und bevorraten sich mit ihnen (wobei sich dieser Trend im dritten Corona-Monat in Deutschland wieder abflacht). Kaffee ist dennoch ein All-day-Luxury, auf den niemand verzichten will. Und auch Arbeitnehmer, die sich gerade in Kurzarbeit befinden, verzichten nicht auf ihren Kaffee. Nur weichen sie ggf. auf günstigere Kaffees aus.

Wie schon erwähnt, sind Lebensmittel-Einzelhandel und Kaffee-Onlinehandel die großen Profiteure der Corona-Krise, wenn man nur den Verkauf von gerösteten Kaffees betrachtet. Da sehr viele Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz ins Home Office verlagern mussten (oder noch in der erwähnten Kurzarbeit festsitzen), steigt der private Kaffeekonsum deutlich. Dieser wird entweder durch den Einkauf im Supermarkt oder beim Kaffee-Onlinehändler gedeckt. Stationäre Kaffeefachgeschäfte und Ladenröstereien durften ihre Betriebe zwar grundsätzlich offenhalten, litten aber deutlich unter den Ausgangsbeschränken und der Hoch-Coronaphase.

Eine deutliche Verschärfung der Nachfrage-Krise, die die europäischen Dimensionen deutlich übersteigen wird, ist die Situation in den USA. Mit mittlerweile über 30 Millionen Arbeitslosen steuert einer der wichtigsten Kaffee-Konsumenten-Märkte auf eine tiefgreifende Rezession zu. Es ist zu erwarten, dass die Rohkaffeepreise in den Keller rauschen. Was den Konsumenten grundsätzlich freut, wächst sich bei den Kaffeebauern zu existenziellen Krise aus. Ist schon heute eine wirtschaftlich erfoilgreiche Führung einer Kaffeefarm nur unter schwersten Bedingungen möglich, ist zu erwarten, dass viele Kaffeebauern aufgrund der Corona-Krise das Anbauen von Kaffee aufgeben werden.

Die Gastronomie

Neben dem Tourismus ist die Gastronomie sicher eine der Branchen, die vom Corona-Lockdown am schwersten getroffen worden ist. Den Kauf eines Fernsehers oder eines Autos kann man vielleicht verschieben. Für den Kaffee, den man heute nicht in der Lieblings-Kaffeebar getrunken hat, wird man allerdings morgen nicht zwei trinken. Sprich, der entgangene Umsatz ist für ewig verloren und kann nicht mehr aufgeholt werden. Und auch die langsame Öffnung der Gastronomie seit dem heutigen Tagen in den deutschen Bundesländern, wird keine schnelle Erholung bringen. Zu ristriktiv sind die Auflagen, unter denen die Gastronomien wieder geöffnet werden dürfen. Tatsächlich haben sich nicht wenige Gastronomen dazu entschieden, ihre Betriebe bis auf weiteres geschlossen zu halten. Denn wenn man nur 30% der Kapazitäten öffnen kann, dafür aber nahezu 100% der Kosten hat, lohnt sich die Wiedereröffnung betriebswirtschaftlich nicht.

Daraus resultiert, dass der Einkauf von gerösteten Kaffeebohnen nicht notwendig ist, da zu wenige Gäste einen Kaffee oder Espresso verzehren können und wollen. Die fehlende Nachfrage schlägt damit voll auf die Kaffeehändler bzw. die Kaffeeröstereien durch. Und kommt, sollte die Pandemie die Welt noch länger im Griff haben, bei den Kaffeebauern an, deren Rohkaffee nicht mehr abgenommen wird. Die Folge ist eine globale Kaffeehandelskrise. Eine Krise, wie wir sie aktuell z.B. auch beim Erdöl erleben.

Fazit

Wie Sie sehen, hängen die einzelnen Glieder der Wertschöpfungskette des Kaffees in besonderem Maße von einander ab. Klemmt es an einer Stelle, ruft dies Effekte an anderer Stelle hervor, die widerum die gesamte Kette in Wallung bringen. So wie für die Weltwirtschaft kaum verlässliche Aussagen gemacht werden können, außer, dass die Welt auf eine tiefe Rezession zusteuert, fehlen für den Kaffee verlässliche Perspektiven. Zu viele Parameter beeinflussen sich gegenseitig und zeigen mehr aus deutlich die Folgen einer globalisierten Kaffeewirtschaft.

Ihr

Johannes Lacker
zert. SCA Barista

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